Der „böse“ Wolf ist wieder da – der Streit um das Raubtier geht weiter

Seit vielen Monaten wird eine emotionale Debatte über die Folgen der Rückkehr des Wolfes in die Kulturlandschaft Mitteleuropas geführt. Die Vermischung von Fakten, falschen Informationen und Emotionen rund um das Thema „Wolf“ führen zu Unsicherheiten und Ängsten in der Bevölkerung. Daher ist es Zeit, die Fakten zusammenzutragen und einen Überblick zu geben.
Der Wolf war lange Zeit einer der natürlich vorkommenden Beutegreifer in Mitteleuropa. Die letzten ansässigen Populationen in Österreich sind allerdings im Laufe des 19. Jahrhunderts erloschen. Im 20. Jahrhundert haben nur mehr vereinzelt Wölfe aus benachbarten Ländern das österreichische Staatsgebiet erreicht. Mit der Einführung strengerer Schutzbestimmungen in der Europäischen Union haben die Wolfspopulationen im Umfeld von Österreich sich stabilisiert oder sogar wieder vermehrt. Das gilt im besonderen Maße für die italienische Population, die sich in den letzten 30 Jahren bis in die Westalpen ausgebreitet hat.
„Besuche“ durch den Wolf häufen sich
Im Laufe der letzten 20 Jahre sind Wolfsbesuche in Österreich häufiger geworden und ab 2009 konnten sechs bis acht Individuen genetisch nachgewiesen werden, die bereits aus Österreich stammen. Heute gibt es eine ansässige Wolfspopulation in Allensteig/NÖ. In anderen Gebieten, wie etwa im Mühlviertel, ziehen einzelne Wölfe bisher nur durch und haben derzeit noch keine Population gebildet. Insgesamt dürften in Europa zwischen 10.000 und 20.000 Wölfe leben. In Österreich geht man derzeit von gut 15 Wölfen aus.
Die Rückkehr der Wölfe ist grundsätzlich eine Bereicherung für die Natur, bedeutet aber in der Kulturlandschaft auch Konflikte mit den Interessen der Landnutzer.
Komplizierter als gedacht
Das Spannungsfeld zwischen dem Willen, dem Wolf nach Möglichkeit Lebensräume zu bieten und den Interessen des Menschen, muss durch die Politik auf allen Ebenen gelöst werden. Kompliziert wird die Auflösung dieses Spannungsfeldes durch die verschiedenen involvierten Kompetenzbereiche der Politik: Europäische Union, Nationalstaaten und Bundesländer. Da der Wolf als großräumig agierende Art sich logischerweise nicht um nationale – oder gar Bundesländergrenzen – schert, ist eine Koordination und Abstimmung der verschiedenen politischen Ebenen notwendig.
Rechtliche Situation
Rechtlich ist der Wolf durch zahlreiche internationale und nationale Bestimmungen geschützt, etwa im Anhang II der Berner Konvention als streng geschützte Tierart. Europarechtlich ist Isegrim in Anhang II der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH) 92/43/EWG als prioritäre Art aufgelistet und in Anhang IV der FFH-Richtlinie als streng zu schützende Art angeführt. Die Entscheidung über eine allfällige Änderung der FFH-Richtlinie muss jedenfalls auf europäischer Ebene erarbeitet werden.
Wer ist zuständig
In der österreichischen Gesetzgebung fallen Jagd und Naturschutz in die Kompetenz der Bundesländer. Dabei müssen aber die Verpflichtungen zum Schutz des Wolfes in die Gesetze übernommen werden. In Oberösterreich steht der Wolf als ganzjährig geschonte Tierart im Jagdgesetz (§ 1 Abs 1 Oö SchonzVO 2007) und fällt damit zunächst in die Kompetenz des Landesagrarreferenten Max Hiegelsberger. Sollte der Wolf in Natura-2000-Gebieten im Standarddatenbogen mit dem Erhaltungsgrad A, B oder C eingestuft werden, also sich vermehren und ansässig werden, so wäre der Landesnaturschutzreferent Manfred Haimbuchner für diese Populationen zuständig. Eine Reproduktion in einem Natura-2000-Gebiet wurde aber bislang noch nicht nachgewiesen.
Wie geht es weiter?
Die Entscheidung zum Umgang mit der Rückkehr des Wolfes erfordert daher Managementpläne, die möglichst alle Interessen schützen. Ein Wolfsmanagementplan für Oberösterreich ist daher unbedingt erforderlich, um einen Ausgleich zwischen dem von der EU und internationalen Abkommen geschützten Artenvielfalt und den Interessen der Landwirtschaft und der Bevölkerung zu schaffen. In Oberösterreich ist für die politischen Entscheidungsträger klar, dass verschiedene Maßnahmen umgesetzt werden müssen.
Aufklärung der Bevölkerung
Eine Bewusstseinsbildung und Aufklärung in der Bevölkerung ist notwendig, ebenso wie eine klare Regelung bei Schäden durch den Wolf etwa bei Weidetieren in der Almwirtschaft und eine Verbesserung des Herdenschutzes. Auch eine Entnahme des Wolfes darf – unter bestimmten Voraussetzungen – kein Tabu, sondern sollte Teil eines Managementplanes mit Augenmaß sein.
Dieser Artikel erschien in der Printausgabe 05/06 2018 vom 15.06.2018