„Der Freie Bauer“ wollte wissen, wie Wolf-Dietrich Schlemper, einer der neuen Wildschadensberater der LK OÖ, die aktuelle Situation des Waldes einschätzt. Der 31-Jährige zieht dabei eine gemischte Bilanz.

 

Sie sind jetzt seit etwas über einem Jahr Wildschadenberater der Landwirtschaftskammer OÖ. Ein neuer Posten, der im Zuge der Novellierung des Jagdgesetzes geschaffen wurde. Wie ist die Bilanz des ersten Jahres?

Prinzipiell wäre die Schaffung eines solchen Postens nicht nötig gewesen, wenn Fehler in der Vergangenheit vermieden worden wären. Wenn man nur auf die Novellierung des OÖ-Jagdgesetzes eingeht, ist die Schaffung des Postens eines Wildschadensberaters mit Sicherheit sinnvoll, weil natürlich die Gefahr besteht, dass der Grundeigentümer sich überschätzt und dadurch das Risiko eingeht, sich an eventuellen Prozesskosten beteiligen zu müssen. Diese Gefahren konnten durch den Einsatz von Wildschadensberatern auf der Fläche gemindert werden.
Wenn man die bisherige Bilanz beleuchtet, hat die Wildschadensberatung bis zum heurigen Jahr rund 90 Außendienste absolviert. Bei 90 Prozent dieser Einsätze behaupte ich, dass eine Besserung in der Dialogbereitschaft und der Kommunikation zwischen Jägern und Grundbesitzern eingetreten ist. Das heißt zwar nicht gleich, dass eine Verbesserung der forstlichen oder waldbaulichen Situation eingetreten ist, aber die steigende Dialogbereitschaft ist eine wichtige Grundlage für weitere erfolgreiche Schritte auf der jeweiligen Fläche. Es geht also zunächst darum, das Verständnis auf beiden Seiten füreinander zu steigern: Was sind Interessen des Grundeigentümers und was sind die Interessen der Jäger?

 

Wie bewerten Sie den Zustand der oberösterreichischen Wälder?

Das hängt sehr von der einzelnen Fläche ab. Man kann hier nicht verallgemeinern. Der Zustand des Waldes hängt auch von der Besitzverteilung und den waldbaulichen Zielen des Grundeigentümers ab. Grundsätzlich ist der Zustand der OÖ Wälder als gut zu bewerten. Es gibt aber auch bei uns Flächen, die in einem sehr schlechten Zustand sind. Auf manchen Flächen sind enorme Durchforstungsrückstände zu beobachten, bei denen man waldbaulich fast keinen Handlungsspielraum mehr hat.
Aber allgemein, gerade was die Verbißsituation angeht, halte ich Oberösterreich für vorbildlich. Das hängt vor allem mit der Abschußplanverordnung und mit dem Vergleichs- und Weiserflächensystem zusammen. Auch wenn dieses System nicht der Weisheit letzter Schluß sein kann, sondern nur ein Anhalt, der zur Versachlichung des Verbiß-Themas beiträgt. Eventuell ist ein System denkbar, das weitere Faktoren, etwa unter anderem die Lebensraumsituation des Wildes, mit einfließen lässt.

 

Die Landwirtschaftskammer OÖ hat ein neues Projekt „Klimafitte Wälder und nachhaltige Waldwirtschaft – Zielkonflikte vermeiden“ vorgestellt. Was hat es damit auf sich?

Als Grundlage für dieses Projekt dient die Mariazeller Erklärung, die Ergebnisse der Studie „Abschlußplanung in waldarmen Gebieten“ und der waldbauliche Handlungsdruck, der aus der Borkenkäfer- und den Windwurfkalamitäten vor allem im Zentralraum und im Mühlviertel entstanden ist. Die derzeitige Situation ist also für das Verhältnis Forst und Jagd eine Herausforderung. Daher haben sich im vergangenen Jahr die Landwirtschaftskammer und der Landesjagdverband darauf geeinigt, dass man hier gemeinsam etwas initiieren muss. Dazu gehören das Positionspapier, Informationsfolder und -veranstaltungen und als weiterer Schritt dann ein Projekt auf der Fläche. Dabei sollen Flächen durch Spezialisten beurteilt werden und gemeinsam mit den Jägern und Grundbesitzern Maßnahmen umgesetzt werden, um das waldbauliche Ziel durch ein gutes Konzept zu erreichen. Die handelnden Personen aus Forst- und Jagdwirtschaft werden dabei über den Zeitraum des Projektes durch externe Spezialisten unterstützt. Für die 20 Plätze dieses LE-Förderprojektes können sich alle Jagden bewerben.
Vereinfacht ausgedrückt sind die Ziele und Herausforderungen für die kommenden Jahre klar: Wir müssen hin zu einer potentiell natürlichen Waldgesellschaft, die an den Klimawandel angepasst ist. Also die Baumarten, die zum jeweiligen Standort passen, weil wir so das geringste Risiko haben. Wir haben also einen Waldumbau vor uns in vielen Regionen, der aber nur in enger Zusammenarbeit mit dem Grundeigentümer und der Jagdwirtschaft vorgenommen werden kann. Man sollte also dem Waldeigentümer und auch den Jägern die Vorteile einer potentiell natürlichen Waldgesellschaft näherbringen, damit beide einen erfolgreichen Waldumbau meistern können.

 

Das Thema „Wolf“ ist derzeit in aller Munde. Wie bewerten Sie die Rückkehr des Wolfes in unsere Kulturlandschaft?

Prinzipiell sollten wir über jedes Wildtier froh sein, das wieder bei uns heimisch wird. Da wir aber in einer Kulturlandschaft leben, können wir uns den Wolf nicht überall leisten. Das heißt, da wo ich landwirtschaftliche Ziele verfolge, ist der Wolf nicht möglich. Er muss also dort wo land- und forstwirtschaftliche Ziele vorliegen auch bewirtschaftet werden. Wie die Bewirtschaftung des Wolfes dann im Detail aussehen kann, ist von vielen Faktoren abhängig: Tourismus, Jagdwirtschaft, Landwirtschaft und andere. Aber es gibt sicher auch in Österreich die Möglichkeit, dass für den Wolf Lebensraum zur Verfügung steht. Für mich persönlich ist dabei ganz klar, dass der Wolf auch bejagt werden muss, damit ich ein gedeihliches Miteinander der verschiedenen Interessen sicherstellen kann.

 

Dieser Artikel erschien in der Printausgabe 05/06 2018 vom 15.06.2018