Die neue, revolutionäre Methode der „Genschere“ wird als nobelpreisverdächtig gehandelt. Doch der Europäische Gerichtshof (EuGH) geht mit der pauschalen Beurteilung als „Gentechnik“ einen eigenen Weg. Zahlreiche Wissenschafter sehen das Urteil als unsachlich und faktenbefreit.

Die Mikrobiologin Emmanuelle Charpentier hatte vor einigen Jahren eine Idee, die heute als nobelpreisverdächtig gehandelt wird: Die CRISPR/Cas9-Methode. Mithilfe dieser „Genschere“ lassen sich gezielt einzelne Bausteine aus dem Erbgut herausschneiden und verändern.

 

Für die Pflanzenzüchtung bedeutet diese Erfindung eine enorme Zeit- und Kostenersparnis. Ende Juli hatte der EuGH entschieden, dass das neue Verfahren in der EU unter die bisherige, strenge Gesetzgebung zur Regulierung von „Gentechnisch Veränderten Organismen“ (GVO) fällt.

 

Der Pflanzengenetiker Josef Glößl, der das Urteil „in den wesentlichen Punkten nicht für sachlich begründet und nachvollziehbar“ hält, bestätigt gegenüber der APA, dass es zwar richtig sei, dass GVOs durch die neuen Mutagenese-Methoden produziert werden können. Er fügt jedoch an, dass es genau so gut möglich wäre, dass nur solche genetische Veränderungen eingeführt werden, die auch durch natürliche Mutation entstehen können.

 

Diese Pflanzensorten wären von konventionell gezüchteten Sorten, die auf Basis natürlicher genetischer Variationen gezüchtet wurden, nicht unterscheidbar und somit auch nicht nachweisbar – so sehen es etwa auch die US-Gerichte. „Eine differenzierte Sichtweise wäre der richtige Weg gewesen“, so Glößl.

 

Dieser Artikel erschien in der Printausgabe 07/08 2018 vom 01.09.2018