„Essen Sie eine bis zwei Portionen Fisch pro Woche“, raten Ernährungswissenschafter. Eine Portion solle fettreicher Seefisch sein. Doch der Zustand der Meere lässt den Gusto schwinden. Gibt es heimische Alternativen? Und wie stehts um den Fischmarkt?

Fettreicher Seefisch, wie Thunfisch oder Lachs, ist reich an Omega-3-Fettsäuren. „Omega-3-Fettsäuren können vom Körper nicht selbst hergestellt werden, sind jedoch lebensnotwendig“, so das Gesundheitsministerium. Sie sollen das Herz-Kreislauf-System schützen und sind für die kindliche Gehirnentwicklung wichtig. Deshalb wird zum Verzehr von einer bis zwei Portionen Fisch pro Woche geraten.

Doch die Überfischung der Meere und Berichte über Schadstoffbelastungen, wie Quecksilber oder Mikroplastik, lassen den gesundheitsbewussten Konsumenten zweifeln und nach Alternativen suchen. Und ja, es gibt heimische Alternativen! Heimische Fische, wie Karpfen, Forelle oder Saibling, enthalten zwar etwas weniger Omega-3-Fettsäuren, doch in Kombination mit Leinsamen, Rapsöl oder Walnüssen lässt sich der empfohlene Bedarf leicht decken.

Weltweiter Bedarf an Fisch

Fische können Futter besser umsetzen als Hühner, Schweine oder Rinder. Für die Erzeugung von 1 kg Lebendgewicht wird nur etwa 1 kg Futter benötigt. Eine Tatsache die den Fisch, als hochwertige Eiweißquelle für bald 9 Milliarden Menschen auf der Erde, interessant macht. Und die Welt hat Hunger auf Fisch: Die FAO (Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen) prognostiziert für das Jahr 2018 eine globale Fischproduktion von rund 178,7 Millionen Tonnen und einen Pro-Kopf-Verbrauch von 20,7 kg/Jahr (+2,6 Prozent seit 2009).

Herr und Frau Österreicher essen im Vergleich durchschnittlich 7,8 kg Fisch/Jahr, fast doppelt so viel wie noch in den 80er Jahren, und der Durchschnitts-Deutsche verbraucht jährlich 13,5 kg Fisch (+ 20 Prozent seit 1980)

Überfischung der Meere

Seit 1950 soll sich die jährlich gefangene Menge von Meeresfisch verfünffacht haben und das blieb nicht ohne Folgen: Wissenschafter vom Helmholtzzentrum für Ozeanforschung in Kiel kamen bei Untersuchungen zur Überfischung zum Ergebnis, dass 33 Prozent der Bestände überfischt sind und weitere 24 Prozent als erschöpft gelten müssten.

Die Autoren des „World Ocean Review“ (WOR) zum Thema „Die große Zukunft der Fischzucht“ erklären: „Bedenkt man, dass die Menge des wild gefangenen Meeresfischs in den vergangenen Jahren nicht mehr zugenommen hat, bleibt allerdings nur ein Ausweg: Künftig muss die Fischzucht, die Aquakultur, die steigende Nachfrage decken.“

Aquakultur als Lösung?

Dem WOR zufolge hat die Produktion aus Aquakultur seit den 70er Jahren eine enorme Steigerung erfahren. Von 1970 bis 2008 ist diese jährlich um 8,4 Prozent gewachsen, so stark wie keine andere Lebensmittelbranche. Der bedeutendste europäische Produzent ist Norwegen (1,3 Millionen t/Jahr). Die Produktion konnte dort in den letzten 20 Jahren mehr als verdreifacht werden. Norwegen produziert heute so viel Fisch, wie die Länder der EU in Summe.

Doch jenseits des Bosporus braut sich scheinbar etwas zusammen: Die Fischproduktion in der Türkei wächst rasant. Laut Eurostat hat sich die Produktion von 1998 bis 2016 mehr als vervierfacht (56 700 t auf 249.561 t)! Stark gefördert von der Regierung, entsteht dort eine Forellenfarm nach der anderen. Exportiert wird in die EU, vor allem billig. Erhebliche Kostenvorteile ergeben sich bei türkischen Fischfarmen vor allem durch gute Standortfaktoren und geringe Lohnkosten.

Sieht das Vorhaben der EU kritisch: Der Landesobmann der Freiheitlichen Bauernschaft OÖ, LKR Franz Graf

Die EU wollte Schadstoff-Grenzwerte verschieben
Die EU-Kommission plante bis vor kurzem den Grenzwert von Quecksilber bei ausgewählten Meeresfischen von 1 mg/kg Fisch auf 2 mg/kg Fisch zu verdoppeln. Hintergrund: Bei Schwertfisch, zum Beispiel, muss auf Grund des aktuellen Grenzwertes 50 Prozent des Fanges als unverkäuflich eingestuft werden. Eine Verdopplung des Grenzwertes würde bewirken, dass nur mehr 14,5 Prozent unverkäuflich wären. Ende November versicherte die EU-Kommission die entsprechenden Pläne doch nicht weiter zu verfolgen. Laut AGES sind Raubfische mit langer Lebensdauer, die am Ende der Nahrungskette stehen, am stärksten mit Quecksilber belastet (z.B. Schwertfisch, Thunfisch, Schnapper und Butterfisch)

Wir sind abhängig!

Österreich ist abhängig, was die Versorgung mit Fisch betrifft! Der Selbstversorgungsgrad bei Fisch und Meeresfrüchten liegt in Österreich bei sechs Prozent. Einer Eigenproduktion von 4.000 t stand 2017 ein Import von 72.479 t gegenüber. Das heißt: Ausgehend von einem jährlichen Pro-Kopf-Konsum von 7,8 kg, kommen umgerechnet nur etwa drei Portionen Fisch aus heimischer Produktion auf den Tisch!

Beim Süßwasserfisch im Speziellen (z.B.: Forellen, Karpfen, Saibling) zeigt sich: Nur einer von drei Fischen kommt aus heimischer Produktion! Vor dem EU-Beitritt lag laut Grünem Bericht der Selbstversorgungsgrad bei Karpfen und Forellen noch bei rund 70 Prozent.

Was macht Österreich?

Franz Reisecker, LK-OÖ-Präsident, betonte im Mai die Bedeutung der heimischen Fischproduktion: „Im Strategiepapier ,Aquakultur 2020‘ des Ministeriums für Nachhaltigkeit und Tourismus sind umfangreiche Maßnahmen vorgesehen, um eine Steigerung der heimischen Produktion erreichen zu können. Die LK OÖ steht voll hinter diesen Maßnahmen, weil uns die Steigerung der heimischen Fischproduktion ein großes Anliegen ist.“ Doch der Plan ist keineswegs neu.

Diesen Masterplan „Aquakultur 2020“ könnte man als „Abschiedsgeschenk“ des Ende 2013 scheidenden Landwirtschaftsministers Nikolaus Berlakovich bezeichnen. Das Ziel war: Steigerung der Selbstversorgung bei Süßwasserfischen von damals 34 Prozent auf 60 Prozent bis 2020! Doch was ist in den vergangenen fünf Jahren passiert und erreichen wir das Ziel bis 2020?

Überschaubare Steigerungen

Laut Grünem Bericht 2018 konnte die Produktion bei Forellen bis 2016 um lediglich 255 t gesteigert werden, beim Karpfen sank die Produktion sogar um 84 t. Bislang ist der Masterplan von wenig Erfolg geprägt. Laut dem Thünen-Institut für Fischereiökologie in Hamburg, liege der Grund für die zögerliche Entwicklung der deutschen Forellenmast, bei gleichzeitig guter Nachfrage, an ungünstigen Rahmenbedingungen, allen voran an fehlenden Genehmigungen für Wasserentnahmen.

In Oberösterreich sind für die Bewilligung von Aquakulturanlagen die Bezirkshauptmannschaften verantwortlich, bei Anlagen mit einer Zulaufmenge von über 1.000 Liter/min der Landeshauptmann persönlich. Sollte doch ein Heimspiel sein, die eigenen Forderungen umzusetzen…

Dieser Artikel erschien in der Printausgabe 11/12 2018 vom 14.12.2018