Gütesiegel: Klare Herkunftskennzeichnung oft nicht gewährleistet

In Österreich gibt es mehr als 100 verschiedene Gütesiegel und Marken. Den Durchblick in diesem „Gütesiegel-Dschungel“ zu haben, ist nahezu unmöglich. Der Konsument legt Wert auf Regionalität und sichere Herkunft, doch nicht immer ist zu 100 Prozent das drinnen, was drauf steht. Und man fragt sich: Warum ist „Herkunft“ so kompliziert geworden?
Das Bewerben eines Produktes mit Herkunft und Regionalität hat in der Lebensmittelbranche seit dem EU-Beitritt stetig an Bedeutung gewonnen. So war der EU-Beitritt auch der Grund für die Entwicklung des AMA-Gütesiegels. Nach der Grenzöffnung sollte österreichische Qualität sichtbar werden und dem Kunden bei der „Orientierung“ helfen.
Doch mit dem AMA-Gütesiegel können auch Produkte gekennzeichnet werden, die aus der Alpenregion (weiße Flagge), anderen Ländern (Siegel mit Landesflagge) oder aus der EU (blaue Flagge) stammen. Auch das finanziert der heimische Bauer mit seinen Beiträgen. Mittlerweile ist das AMA-Siegel, das ursprünglich zum Schutz unserer Landwirtschaft gedacht war, zu einem wahren Bürokratiemonster geworden.
Herkunft für Konsumenten wichtig
Herkunft und Regionalität werden für den Konsumenten immer wichtiger. A.T. Kearney, eine internationale Unternehmensberatung, führte 2013 eine Studie über die Präferenzen der Konsumenten in Deutschland, Österreich und der Schweiz (DACH-Konsumenten) durch.
Das Ergebnis: Die regionale Herkunft werde laut Befragung sogar höher bewertet als ein biologischer Anbau. Die Autoren kamen zum Schluss: „Fest steht, dass Regionalität in der DACH-Region zu einem relevanten Faktor der Kaufentscheidung geworden ist.“ Zudem seien 63 Prozent der Befragten bereit, zu einem Konkurrenten zu wechseln, wenn kein ausreichendes Angebot vorgefunden werde. Gütesiegel und Marken sind demnach für den Handel von großer Bedeutung.
Das erklärt die Flut an Handelsmarken, von dem eines „naturnaher“ als das andere sein soll. Die Richtlinien dafür sind selbstgewählt, fordern von den Bauern meist mehr als der Gesetzgeber vorschreibt, doch der Mehraufwand schlägt sich nicht in ausreichendem Maß auf den Erzeugerpreis nieder.
EU-Bio-Siegel
Im Bio-Bereich gilt seit 2010: Alle Bio-Lebensmittel müssen mit dem EU-Bio-Siegel versehen werden, ein Blatt aus zwölf weißen Sternen auf grünem Hintergrund. Mit den Richtlinien heimischer Biosiegel kann dieses nicht verglichen werden. Mindestens 95 Prozent des Produktes müssen dafür aus ökologischem Anbau stammen.
Die Herkunftsbezeichnung ist mangelhaft. Aus „EU-Landwirtschaft“ bedeutet, dass 98 Prozent der landwirtschaftlichen Ausgangsstoffe aus der EU kommen, doch das konkrete Land muss nicht angeben werden. Noch dubioser ist für den Konsumenten der Aufdruck „Nicht-EU-Landwirtschaft“, der lediglich bedeutet, dass das Produkt auf der Erde und auf keinem anderen Planeten hergestellt wurde.
Die Forderung nach einer verpflichtenden Herkunftskennzeichnung nach französischen Vorbild, die aus der Feder von LKR Ing. Franz Graf stammt und sich bereits in der Umsetzung befindet, wird einen wesentlichen Beitrag für mehr Überblick im „Gütesiegel-Dschungel“ leisten.

Geschützte geografische Angaben (g.g.A.) Gütezeichen: Der Hersteller muss lediglich nachweisen können, dass ein Zusammenhang zwischen den Eigenschaften und der geografischen Herkunft des Produkts besteht. Es reicht ein Verarbeitungsschritt im genannten Gebiet (z.B. Schwarzwälder Schinken, Rohware muss nicht aus dem Schwarzwald kommen). Es ist demnach keine Herkunftskennzeichnung.

Geschützte Ursprungsbezeichnung (g.U.) Gütezeichen: Dieses Siegel dürfen nur Produkte tragen, die in einem bestimmten geografischen Gebiet nach einem anerkannten Verfahren erzeugt, hergestellt und verarbeitet wurden. Für einen Käse, der das „g.U.-Gütezeichen“ trägt, muss auch die Milch aus der genannten Region stammen.

AT-Kennzeichnung: Viele Konsumenten glauben, dass das „AT“-Länderkürzel Auskunft über die Herkunft des Produktes gibt. Das Identitätskennzeichen informiert lediglich darüber, dass der verpackende Betrieb nach EU-Hygienestandards gearbeitet hat. Mit dem Länderkürzel und der Betriebsnummer kann der Betrieb identifiziert werden, in dem das Produkt zuletzt verarbeitet oder verpackt wurde.

Was steckt hinter dem AMA-Gütesiegel? Produkte die ein rot-weiß-rotes AMA-Gütesiegel tragen, müssen zu 100 Prozent aus Österreich stammen. Ausnahme: Verarbeitete Produkte dürfen bis zu einem Drittel der Zutaten aus dem Ausland stammen. Produkte können auch aus der Alpenregion, Frankreich oder der EU stammen, diese erkennt man an der Farbe des Siegels. Laut dem Ministerium für Nachhaltigkeit darf die AMA-Marketing aufgrund EU-rechtlicher Vorgaben keine Vorschriften über die Herkunft der Futtermittel machen. Bei Legehennen, Mastgeflügel und Milchkühen ist eine gentechnikfreie Fütterung vorgeschrieben, bei Schweine- und Rindfleisch jedoch nicht.
Dieser Artikel erschien in der Printausgabe 11/12 2018 vom 14.12.2018