Nicht nur auf Almen und landwirtschaftlichem Grund ist das Thema Eigenverantwortung in den Fokus gerückt. Auch Waldbesitzer wissen, wie das mangelhafte Verständnis der Menschen für Gefahren und für fremdes Eigentum das Leben schwer machen kann. Was ist zu tun?

Viele Menschen in unserer naturfernen Zeit betrachten den Wald und landwirtschaftlichen Grund als Allgemeinbesitz. Für Freizeitnutzer soll der Wald und landwirtschaftliche Flächen überall offen sein. Interessen des Grundbesitzers müssen – ginge es nach diesen Menschen – in den Hintergrund rücken. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass die Gesellschaft sich mehr und mehr von der Achtung vor fremdem Eigentum und vom Verständnis für die Anliegen von Bauern und Waldbesitzern entfernt.

Gleichzeitig beobachten viele Landwirte und Waldbewirtschafter auch eine steigende Ignoranz vieler Spaziergeher und Waldbesucher, wenn es um Gefahrenquellen geht. Da muss man nicht erst den jüngsten tragischen Todesfall auf der Tiroler Alm als Beispiel heranziehen. Ein trauriger Klassiker ist etwa auch das Ignorieren von Warnschildern bei Schlägerungsarbeiten im Wald. Doch auch beim Betreten von Schadflächen, vor allem Windwurfflächen, mangelt es vielen Menschen an Gespür für Gefahren.

Eigenverantwortung

Die Ursachensuche für das Phänomen der offenbar sinkenden Eigenverantwortung der Menschen ist nicht leicht. Es könnte damit zusammenhängen, dass durch das Bauernsterben und die Urbanisierung immer weniger Menschen in ihrem eigenen persönlichen Umfeld einen Landwirt kennen oder gar in der Verwandtschaft haben. Die Gesellschaft wird immer urbaner und entfernt sich damit zunehmend von den Anliegen der ländlichen Bevölkerung. Schon heute leben fast 60 Prozent der Österreicher in Städten. Schätzungen gegen davon aus, dass diese Zahl bis 2030 auf 75 Prozent ansteigt.

Eine „demokratische“ Zwei-Drittel-Mehrheit lebt dann fern von Wald und Feldern, hat wenig Kenntnis von der Bedeutung der Landwirtschaft und des Waldes, glaubt aber, in Sachen Umwelt- und Naturschutz alles zu wissen und mitreden zu können. Die urbanen Journalisten werden in urbanen Medien aus diesem Blickwinkel über den Wald und die Landwirtschaft berichten. Dies konnte ja bereits in der Berichterstattung über das umstrittene „Kuh-Urteil“ beobachtet werden. Eine berüchtigte linke Wiener Stadtzeitung bezeichnete die Entrüstung vieler Almbauern über das Urteil etwa als „weinerlich“.

Notwendig ist daher eine Wertevermittlung, die aber schwierig wird, wenn bereits diejenigen, die diese Werte vermitteln sollten, wie Lehrer oder Eltern, das Ziel, zum Respekt vor dem Eigentum des anderen zu erziehen, nicht selten für gar nicht verfolgenswert halten. Genau genommen stellt ein beträchtlicher Teil unserer Bevölkerung das Recht auf legal erworbenes Eigentum bereits unausgesprochen infrage. Stichwort: Neiddebatte.

Was ist die Lösung?

Wie ist diesem Problem aber wirkungsvoll zu begegnen? Anzeigen und Konfrontation sind sicher kontraproduktiv – auch wenn der jeweilige Grundbesitzer sich im Recht weiß. Besitzstörungsanzeigen sollten daher immer das letzte Mittel sein, wenn Gespräche und andere Maßnahmen keine Wirkung gezeigt haben. Viele Landwirte und Waldbesitzer setzen dann doch eher auf Bewusstseinsbildung. Hier können Angebote der Waldpädagogik oder der „Schule auf dem Bauernhof“ sicher hilfreich sein.

Je früher junge Menschen – etwa bei der „Radfahrprüfung“ oder beim Autoführerschein – davon hören, dass etwa der Wald nicht einfach frei befahrbar ist, desto besser prägen sich diese Gebote ein. Schon Eltas Landolt schrieb im Jahr 1895 in seinem Werk „Der Wald – seine Verjüngung, Pflege und Nutzung“: „Das beste Mittel zur Verhütung von Schädigungen liegt in einer sorgfältigen Volksbildung, durch die das Rechtsgefühl und die Achtung vor fremdem Eigentum schon früh wachgerufen wird.“

Bewusstseinsbildung

Auch die Politik und die Interessenvertretung des ländlichen Raumes spielen eine wichtige Rolle, wenn es um die Bewusstseinsbildung geht. In einer von Medien beeinflussten Demokratie, in der die Landwirte und Waldbesitzer eine Minderheit sind, hat die Nutzung aller modernen Kommunikationskanäle Vorrang. Klassische Medien, soziale Medien, alternative Medien, Veranstaltungen und Vernetzung müssen konzentriert genutzt werden. Dabei muss nicht jeder für sich allein kämpfen. Netzwerke bilden und gemeinsam für Interessen eintreten, sind die notwendigen Strategien.

Achtung und Respekt

Das Ziel einer gesamtgesellschaftlichen „Erziehung“ muss langfristig die Einsicht sein, dass fremdes Eigentum von jedem geachtet werden muss. Übrigens auch vom Staat, der durch ein hoch differenziertes Abgabensystem das Gefühl dafür gefährdet, dass jemanden etwas gehört, was er mit seiner Hände Arbeit unter Einsatz seiner Lebenszeit erworben hat.

Dieser Artikel erschien in der Printausgabe 04/05 2019 vom 10.05.2019