Huhn ohne Heimat: Geschäft mit der vertuschten Herkunft ukrainischer Hühner

Ob Hühnerfleisch oder Eier, die Zeichen stehen auf Sturm. Und der Wind kommt aus dem Osten! Dort wo die Arbeitskraft günstig ist und sich keiner um Tierschutz kümmert. Das Geschäft mit Lebensmitteln, deren Herkunft vertuscht wird, wächst, die EU sieht nur stoisch zu.
Das Huhn ist ein hervorragender Futterverwerter und Lieferant von hochwertigem Eiweiß. Das Masthuhn setzt heutzutage 1,6 kg Futter in 1 kg Fleisch um. Nur Fische sind noch effizienter. Das Wissenschafts- und Informationszentrum Nachhaltige Geflügelwirtschaft (WING) der Universität Vechta prognostiziert für den Zeitraum bis 2024, dass Geflügelfleisch weltweit wichtiger als Schweinefleisch werden wird. Prof. Dr. Hans-Wilhelm Windhorst, Wissenschaftlicher Leiter des Zentrums, bestätigt, dass der Fleischhunger insbesondere in den Schwellenländern groß sei und mit zunehmenden Einkünften auch die Nachfrage nach Fleisch wachse. Hühnerfleisch sei bestens geeignet diesen Hunger zu stillen. Weltweit erfreut sich die Branche daher seit Jahren eines stetigen Wachstums.
Angesichts dieser Aussichten ist es umso erstaunlicher, welche politischen Überlegungen die EU dazu bringen, die heimische Geflügelwirtschaft zu ruinieren.
Käfighaltung
2012 hat sie die Käfighaltung verboten, nicht jedoch den Import von Käfigeiern. Mit Ende dieses Jahres verbietet Österreich, als einziges Land in der EU, weltweit nur in Gesellschaft der Schweiz, auch die Haltung in ausgestalteten Käfigen. Wenn man davon ausgeht, dass jedes zweite konsumierte Ei in einem verarbeiteten Produkt steckt, bei dem die Herkunft der Zutaten nicht deklariert werden muss, sollten Tierschutzorganisationen überlegen Koch- und Backkurse zu bewerben, anstatt die heimische Produktion weiter in den Dreck zu ziehen.
Jeder Fünfte Österreicher isst täglich außer Haus, etwa zwei Drittel davon essen täglich in einer Kantine, Tendenz steigend. Woher stammt das beliebte Hendlfilet am Mittagstisch? Unbekannt! Ob es mit Antibiotika vollgestopft wurde und ob die EU-Tierschutzstandards eingehalten wurden? Unbekannt! Während heimische Bauern die weltweit strengsten Tierschutzrichtlinien auf Punkt und Beistrich erfüllen müssen, begegnet die EU-Kommission Nicht-EU-Ländern weiterhin äußerst entgegenkommend.
Diese freuen sich über zahlreiche Möglichkeiten die Herkunft zu verschleiern, über unzureichende Kontrollen und über Konsequenzen im homöopathischen Bereich bei Übertretungen.
EU-Skandal
Was aktuell am Geflügelfleischmarkt in der EU vor sich geht, ist ein Skandal! Die EU finanziert Hühnerfabriken des ukrainischen MHP-Konzerns, der unter Umgehung der Einfuhrbestimmungen die EU mit billigem Fleisch flutet. Der Eigentümer, ein ukrainischer Oligarch, lacht sich vermutlich über die politische Unfähigkeit der EU ins Fäustchen. Vor bereits mehr als einem Jahr warnte die Österreichische Qualitätsgeflügelvereinigung (QGV) vor dieser Gefahr für die heimische Geflügelwirtschaft und erklärte die dramatischen Auswirkungen des Assoziierungsabkommens der EU mit der Ukraine:
„In den Verhandlungen hat die EU die Zollvorgaben liberalisiert, obwohl Geflügel als sogenanntes sensibles Produkt galt. Daraufhin haben die ukrainischen Produzenten ein spezielles Teilstück kreiert, das ohne Zoll in die EU importiert werden kann. Dabei handelt es sich um die Brust mit Haut und einem Stück Flügel dran.“ In Zerlegebetrieben in der Slowakei und den Niederlanden, die ebenfalls zum MHP-Konzern gehören sollen, wird dieses Stück anschließend zu Filet weiterverarbeitet und erhält somit den Genusstauglichkeitsstempel des jeweiligen EU-Landes und darf fortan als EU-Produkt zollfrei weiterverkauft werden.
Durch diesen Trick werden die Einfuhrgrenzen von Filet in die EU umgangen. Die Produktionskosten sind um 40 Prozent billiger, als ein vergleichbares in der EU produziertes Filet! Die Einhaltung der europäischen Tierschutzstandards wurde im Abkommen zwar verlangt, doch laut Mag. Harald Schliessnig, Geschäftsführer der QGV, der auf das Ergebnis eines EU-Berichtes verweist, könne nicht garantiert werden, dass die EU-Vorgaben eingehalten werden: „Es gibt mehrere Beanstandungen der Prüfer. Ein schwerwiegender Punkt betrifft die Tierschutzkontrollen und hier im Besondern die Betäubung der Tiere.“
Zu geringe Strafen
Kürzlich meldete sich Nachhaltigkeitsministerin Köstinger gegenüber dem Kurier dazu zu Wort: Sie wolle den „unerlaubten Wettbewerbsvorteil“ abschaffen und sie kritisiert, dass die Strafen für solche Vergehen „zu gering sind.“ Und wie begegnet die EU-Kommission dieser Wettbewerbsverzerrung? Medienberichten zufolge wolle Brüssel das Abkommen umschreiben und zwar mit dem Ziel, dass das Einfuhrkontingent von Hühnerfilet angehoben wird, auf die Menge, aktuell illegal in die EU verbracht wird. Werden Regeln gebrochen, werden sie nicht geahndet, sondern angepasst.
„Die Europäische Union muss dringend reformiert werden, sie ist nicht mehr ernst zu nehmen!“, so der Obmann der Freiheitlichen Bauernschaft OÖ, LAbg. Ing. Franz Graf
EVP handelt nicht
Die Europäische Volkspartei könnte viel bewirken, wenn sie nur wollte! Als aktuell stärkste Fraktion im EU-Parlament stellt sie auch den Kommissionspräsidenten. Doch scheinbar lässt sie sich von den Sozialisten und gewichtigen Stimmen aus der Wirtschaft vor den Karren spannen. Die heimische Landwirtschaft schützen zu wollen, wird von ihnen regelmäßig beteuert, doch das Gegenteil passiert.
Forderungen nach einer verpflichtenden, umfassenden Herkunftskennzeichnung sind nur mit großen Abstrichen umsetzbar. Warum konnten die Franzosen ihr Modell der Herkunftskennzeichnung gegenüber der EU durchsetzen, wir Österreicher jedoch nicht?
Dieser Artikel erschien in der Printausgabe 04/05 2019 vom 10.05.2019