Wir sind stolz auf unsere Bauern und wollen eine sichere Zukunft

In den letzten Monaten hat Fritz Floimayr, Gründer und Geschäftsführer des erfolgreichen oberösterreichischen Fleischproduzenten Gourmetfein, für gehörig Aufsehen gesorgt. Grund genug für uns nachzufragen, was es damit auf sich hat und wohin die Reise jetzt geht.
Woher kommt Ihr starkes öffentliches und gesellschaftliches Engagement? Als Familienunternehmen haben wir bereits seit unserer Gründung ein ausgeprägtes soziales Gewissen. Das zeigt sich im guten Umgang mit unseren Mitarbeitern, unseren Lieferanten und unseren Partnern. Und auch bei der Erzeugung unserer Produkte achten wir darauf, dass wir die Umwelt nicht in einem schlechteren Zustand hinter- lassen, als wir sie vorgefunden haben. Das gehört zu unserem Selbstverständnis. Aber so gut das auch alles ist, das reicht heutzutage nicht mehr. Als erfolgreiches Unternehmen tragen wir eine besondere Verantwortung für unser Land. Wenn wir miterleben müssen, dass in den letzten zwei Jahren im Schnitt jeden Tag 7 Schweinebauern für immer aufhören mussten, dann ist es höchste Zeit zu handeln. So kann und darf das nicht weitergehen. Deswegen werde ich jetzt hier noch aktiver.
Aber wäre das nicht die Aufgabe der Politik und der Interessenvertretungen? Wir dürfen es uns nicht so leicht machen, das alles auf die Politik zu schieben, obgleich ihr natürlich eine besondere Verantwortung zukommt. Aber wenn ich als Unternehmer einen Beitrag leisten kann, dann möchte ich das auch machen. Wenn ich etwa sehe, dass meine 46 Partnerbauern sich angesichts der negativen Entwicklung der Marktprei-se für Schweine in Deutsch-land große Sorgen machen und immer schlechter schlafen können, dann muss ich handeln. Deswegen habe ich mich entschieden, ihnen nicht nur rund 30 Prozent mehr zu zahlen, sondern auch eine Abnahmegarantie zu geben. Ich will ihnen diese Sorgen nehmen, damit sie sich auf das Wesentliche konzentrieren können: Gute Lebensmittel zu erzeugen. Davon haben wir alle was.
Welche Rolle kommt hier den Konsumenten zu? Eine ganz entscheidende. Die Menschen müssen auch bereit sein die Produkte zu kaufen, die unsere Landwirte für sie in harter und ehrlicher Arbeit erzeugen. Aber das werden sie nur machen, wenn wir ihnen versichern, dass das was wir ihnen anbieten, auch wirklich drinsteckt. Die Konsumenten werden ständig verunsichert und diese Verunsicherung führt dazu, dass sie uns allen misstrauen. Das ist unfair und dagegen müssen wir was machen. Die stärkste Antwort, die ich als Unternehmer darauf geben kann, ist die eidesstattliche Erklärung. Damit versichere ich als Person, dass alles sei-ne Ordnung hat. Man kann mich beim Namen nehmen, ich verstecke mich nicht. Und das kann ich, weil ich mir sicher sein kann, dass unsere Landwirte hervorragen-de Arbeit leisten. Ich stehe zu ihnen.
Was hat es mit der neuen Initiative für Tierwohl, Naturschutz und die Stärkung der kleinbäuerlichen Land-wirtschaft auf sich? Egal wie stark ich mich als Einzelner engagiere, ich brauche immer auch die Gemeinschaft für eine grundsätzliche Veränderung. Deswegen haben wir uns entschlossen eine neue Initiative zu starten, bei der wir auf die Zusammenarbeit mit dem Tierschutzvolksbegehren und anderen Akteuren setzen. Denn wir haben gemerkt, dass wir in drei zentralen Punkten eine absolute Übereinstimmung haben. Erstens wollen wir, dass es eine verpflichtende Herkunfts-Kennzeichnung bei Lebensmitteln gibt. Zweitens wollen wir, dass das genmanipulierte Soja aus Übersee nicht mehr eingesetzt wird. Und drittens wollen wir, dass die Langstrecken-Tiertransporte ein Ende finden. All das erfüllen wir als Unternehmen schon, aber das wollen wir auch als verbindlichen Standard für alle erreichen.
Birgt das nicht auch die Gefahr, dass der Druck auf die heimische Landwirtschaft noch größer wird? Den Druck erzeugt ja nicht die österreichische Bevölkerung. Der Druck kommt aus dem Ausland, aus der furchtbaren Massentierhaltung in Deutschland, Polen oder der Ukraine. Wir haben keine Chance, wenn wir weiter versuchen mit der gigantischen Tierindustrie mitzuhalten, die keine Rücksicht auf das Wohl der Tiere, der Natur oder der Bauern nimmt. Wir müssen jetzt den „Feinkost-laden Österreich“ ausbauen, wir müssen uns durch Qualität differenzieren, nicht durch Spottpreise. Deswegen ist aus meiner Sicht jetzt der Punkt erreicht, wo man einen Schulterschluss zwischen Konsumenten und Produzenten herbeiführen muss. Es geht um nicht weniger als das Überleben unserer heimischen Landwirte.
Aktuell wird auch die Frage eines Vollspaltenverbots heiß diskutiert, gefährdet das nicht das Überleben der Bauern? Wenn man jetzt unmittelbar den Vollspaltenboden verbieten würde, dann könnte die heimische Landwirtschaft zusperren. Dann würde sich die Produktion ins Ausland verlagern und nichts wäre gewonnen. Im Gegenteil, damit würde man den Tieren sogar noch schaden. Dagegen verwehre ich mich. Die Tierschützer müssen verstehen, dass gut gemeint nicht immer gut ist. Auch wir bekennen uns zu Weiterentwicklungen in der Landwirtschaft, das ist klar. Aber wir stehen für einen vernünftigen und konstruktiven Weg, der sicherstellt, dass die Bauern-höfe überleben können. Das heißt für mich ganz konkret: Die Politik muss hinreichend Fördermittel bereitstellen, der Handel muss faire Preise zahlen, der Konsument muss die heimische Ware kaufen. Fortschritt erreichen wir nur wenn alle ihren Beitrag leisten.
Wir lesen in diesen Tagen viel über die Situation in Deutschland, den durch Corona und Schweinepest verursachten „Schweinestau“ – welche Auswirkungen hat das auf Österreich? Was wir derzeit in Deutschland sehen ist leider auch das Resultat einer katastrophalen Fehlentwicklung der letzten Jahre, wo auf immer größere Einheiten gesetzt wurde. Die sind weniger krisenresistent. Bis zu 600.000 schlachtreife Schweine sind dort derzeit in der Warteschleife, das ist auch eine Katastrophe für die Landwirte. Und das wirkt sich natürlich auch auf den Marktpreis aus, der sich in Deutschland extrem unter Druck befindet und an dem sich die österreichische Schweinebörse orientiert. Wenn billige Überkapazitäten nach Österreich drängen, dann gerät unsere Landwirtschaft in Gefahr. Der Ausweg kann unmittelbar nur darin bestehen, dass wir das öffentliche Bewusstsein schärfen gerade jetzt zu heimischer Ware zu greifen. Und dass wir mittelfristig ja nicht den Fehler begehen auf Masse zu setzen.
Mehr als die Hälfte des importierten Schweinefleisches stammt aus Deutschland (1,5 Mio. Schweine). Damit werde nicht nur die Ware, sondern auch der Preis importiert, erklärte der Sprecher der Schweinebörse, Johann Schlederer und sagte: „Die Traumvorstellungen vom abgekoppelten Österreich-Preis kommen von Leuten, die keine Ahnung vom Markt haben.“ Was sagen Sie dazu? Ich beschäftige mich nicht mit Träumen, sondern konzentriere mich als Unternehmer immer auf Fakten. Fakt ist, dass wir seit Jahren einen dramatischen Niedergang der kleinbäuerlichen Landwirtschaft erleben. Damit geht Kulturgut verloren, darunter leiden regionale Wirtschafts-kreisläufe und die Vitalität im ländlichen Raum. Für mich sind Bauern nicht einfach nur Produzenten von Ware, die beliebig austauschbar wären. Der Weltmarkt ist eine Realität, mit dem man umgehen muss. Aber manche glauben die Antwort darauf sind immer tiefere Preisen und immer größere Mengen. Ich glaube das ist der komplett falsche Weg. Und letztlich ist es auch Missbrauch an den Landwirten, wenn man ihnen weiter glauben macht, dass sie auf diese Weise eine Chance hätten. Wir haben nur eine Chance: Mit Qualität und Transparenz. Der Markt ist ja keine unbeeinflussbare Größe, sondern ein hochdynamisches Zusammenspiel von Produzenten, Verarbeitern, Handel, Politik und Konsumenten. Diejenigen, die sich nur zurücklehnen und auf „den Markt“ verweisen, verpassen die Chance ihn mitzugestalten. Genau diesen Versuch unternehme ich gerade, wenn ich in einer neuen Allianz zwischen Produzenten, Verarbeitern und Konsumenten das öffentliche Bewusstsein für die Wert-haftigkeit heimischer Er-zeugnisse schärfe. Natürlich brauchen wir dazu auch die Beteiligung des Handels und die Unterstützung der Politik. Aber ich bin zuversichtlich, dass wir sie erhalten werden.
KommR Fritz Floimayr: Zuerst gibt er als erstes und bislang einziges Unternehmen der Branche eine eidesstattliche Erklärung ab, dass das was auf der Packung draufsteht, auch wirklich drinsteckt. Dann wendet er sich von der Schweinebörse ab und gibt seinen Landwirten eine einjährige Abnahmegarantie zu einem deutlich höheren Preis. Und schließlich präsentiert er in Wien eine neue bundesweite Initiative für Regionalität & Tierwohl gemeinsam mit dem Tierschutzvolksbegehren.