Schwierige Verhandlungen um Klimaschutz und Landwirtschaft

In der letzten Ausgabe hat „Der freie Bauer“ die Wahlprogramme von SPÖ und Grünen im Zusammenhang mit Landwirtschafts-Agenden beleuchtet. Nun zeichnet sich eine Koalition zwischen ÖVP und Grünen ab. Welche Signale gibt es aus den Sondierungen für die Bauern?
Die Themen, die in den Koalitionsverhandlungen durchgenommen werden, haben die Parteien in sechs Gruppen eingeteilt. Die erste nennt sich „Staat, Gesellschaft und Transparenz“ und wird aufseiten der Volkspartei von Wolfgang Sobotka, aufseiten der Grünen von Alma Zadic geleitet. Wirtschaftskammer-Präsident Harald Mahrer (ÖVP) und der Budgetexperte Josef Meichenitsch (Grüne) treffen sich im Bereich „Wirtschaft und Finanzen“.
Die ÖVP-Ex-Umweltministerin Elisabeth Köstinger verhandelt mit Global 2000-Aktivistin Leonore Gewessler den Themenblock „Klimaschutz, Umwelt, Infrastruktur und Landwirtschaft“. In der Gruppe „Europa, Migration, Integration, Sicherheit“ stehen einander ÖVP-Generalsekretär Karl Nehammer und der grüne OÖ-Landesrat Rudi Anschober gegenüber.
Um „Soziale Sicherheit, neue Gerechtigkeit und Armutsbekämpfung“ kümmern sich für die ÖVP Klubobmann August Wöginger und für die Grünen die Wiener Landesparteichefin Birgit Hebein. Ex-Ministerin Margarete Schramböck und die Grüne Sigrid Maurer verhandeln den Bereich „Bildung, Wissenschaft, Forschung und Digitalisierung“. Die Steuerungsgruppen in den Regierungsverhandlungen entsprechen den sechsköpfigen Sondierungsteams, teilten die Parteien mit. Bei der ÖVP umfasst diese Steuerungsgruppe Sebastian Kurz, dessen Berater Stefan Steiner, Köstinger, Schramböck, Landesparteiobmann Gernot Blümel und Wöginger. Bei den Grünen besteht die Steuerungsgruppe aus Parteichef Kogler, Hebein, Gewessler, Rudolf Anschober, Zadic und Meichenitsch. Wann die Verhandlungen der Teams starten, war zum Redaktionsschluss noch nicht bekannt.
Vor allem die Landwirtschafts- und die Klimapolitik werden schwierige Themen, denn beide Parteien haben hier wenig Überschneidungen. Während Sebastian Kurz in einem der ersten Interviews nach der Wahl die Notwendigkeit des Wirtschaftswachstums betonte – die Staatszielbestimmung Wirtschaft hätte nach türkis-blauen Plänen in der Verfassung verankert werden sollen –, ist das grüne Kernthema der Umweltschutz. Eine von umwelt- und sozialpolitischen Erwägungen geprägte grüne Wirtschaftspolitik steht einer wirtschaftsliberalen Politik der ÖVP allerdings entgegen.
Heiß diskutiert wurde bereits im Vorfeld der Nationalratswahl das Thema CO2-Steuer. Die ÖVP ist klar dagegen. Denn es gebe schon jetzt CO2-abhängige Abgaben wie die Mineralölsteuer oder die NoVa. Darüber hinausgehende nationale CO2-Steuermodelle kommen für die ÖVP nicht in Frage, weil sie speziell die Menschen im ländlichen Raum belasteten, die auf ihr Auto angewiesen seien. Bei den Grünen hingegen hat die CO2-Steuer vehemente Befürworter. Sie sprechen sich darüber hinaus für weitere “Öko-Steuern” im Rahmen einer “ökologisch sozialen Steuerreform” aus. Dieses Konvolut sehen sie, anders als von der ÖVP nahegelegt, stärker auf der Makro- als auf der Mikroebene – also klar in Richtung Wirtschaft gedacht. Die individuellen Auswirkungen will man durch Steuersenkungen auf Arbeits- und Erwerbseinkommen sowie über einen “Klimabonus” ausgleichen. Die Klimaambitionen der ÖVP-FPÖ-Regierung wurden von den Grünen stets als zahnlos kritisiert. Während die Grünen eine sozioökologische Steuerreform fordern, haben die Türkisen diese zuletzt umschifft. Einigen können sich die Parteien hingegen beim Thema CO2-Zoll an der EU-Außengrenze, schwieriger wird es bei der Forderung einer nationalen CO2-Bepreisung. Auch beim Thema CO2-Neutralität liegen die Ansichten auseinander: Die ÖVP strebt diese 2045 an, die Grünen nennen das Jahr 2040.
Schwierig wäre wohl auch die Aufteilung der Ministerien, gilt Ex-Umweltministerin und ÖVP-Listenzweite Elisabeth Köstinger doch als eine der engsten Kurz-Vertrauten. Anzunehmen ist, dass die Bauernbündlerin die Agraragenden behalten könnte, den Klimabereich bei einer grün-türkisen Koalition allerdings abgeben müsste. Bleibt die Frage offen, ob Kurz tatsächlich ein Klimakabinett durchsetzen wird. Geht es nach dem ÖVP-Chef, muss Klimapolitik ja „zur Chefsache“ werden.
Auch in der Landwirtschaftspolitik gibt es nur wenig Einendes und viel Trennendes, denn viele Bauern sehen die Grünen und vor allem ihre Öko-Vorfeldorganisationen als unrealistische Träumer und teils auch aggressive Gegner der konventionellen Landwirtschaft. Ansonsten ist noch nicht viel Substantielles im Themenbereich Landwirtschaft bekannt. Betrachtet man aber das Wahlprogramm der Grünen, dann brechen sicher keine rosigen Zeiten für die heimische Landwirtschaft an. „Leicht wird es nicht“, so auch der Tenor im Bauernbund zu den Regierungsverhandlungen.