AMA-Gütesiegel: Ein Marketing-Schmäh

Das AMA-Gütesiegel garantiere die österreichische Herkunft und kontrollierte Qualität. Kritik am System ist unerwünscht. Bürokratie und Zwangsbeiträge sind die Realität. Recherchen haben nun ans Licht gebracht, dass die Rückverfolgbarkeit dieser AMA-Qualität bei Schweinefleisch jahrelang im Schlachthof endete und weiterhin österreichischer Schinken am Markt ist, der keiner ist.
Während die EU aufgrund der BSE Vorkommnisse 1998 eine Verordnung zur Kenn-zeichnung von Rinder- und Kalbfleisch erlassen hat (ausgenommen verarbeitetes Fleisch), die alle Stufen der Vermarktung einschließt (Schlachthof, Zerlegebetrieb- und Verkaufsgeschäft), wurde eine vergleichbare Verordnung für Schweinefleisch (ausgenommen verarbeitetes Fleisch) erst im April 2015 in Österreich umgesetzt. Die Basis dafür war die EU Verordnung zur Kennzeichnungspflicht für Schweine-, Geflügel-, Schaf- und Ziegenfleisch aus dem Jahr 2011. Seit 2015 muss bei verpacktem frischem, gekühltem und tiefgekühltem Fleisch, sofern es für die Abgabe an den Endverbraucher oder die Gastronomie vorgesehen ist, am Etikett vermerkt werden, wo das Tier aufgezogen und geschlachtet wurde. Während für Rind- und Kalbfleisch die Kennzeichnung auch für unverpacktes Fleisch und die Lieferung an Fleischverarbeitungsbetriebe gilt, entfällt die-se Pflicht bei Schweinefleisch. Tatsache ist, dass erst mit der EU-Verordnung aus dem Jahr 2011 eine rechtliche Grundlage geschaffen wurde, die es der AMA-Marketing erlaubte, ein Kennzeichnungssystem für Schweinefleisch zu installieren, welches auch den Schlacht-hof einschloss. Analog zum bereits seit Jahren existierenden Kennzeichnungssystem „bos“ für Rinder und Kälber, hat die AMA-Marketing mit der Richtlinie „sus“ für Schweine, die im März 2011 startete und für Schlacht- u. Zerlegebetriebe, den Lebensmittelhandel und gewerbliche Fleischer gilt, ein vorerst freiwilliges Kennzeichnungssystem für Lizenznehmer geschaffen. Erst durch dieses bestand die Möglichkeit, die Herkunft von Schlachtkörpern, Teilstücken und zerlegtem Fleisch mittels Etikettierung für jedermann sichtbar und nach-vollziehbar zu machen. 17 Jahre lang, nachdem der „Vater“ des AMA-Gütesiegels, Franz Fischler, das Zeichen ins Leben gerufen hatte, das die österreichischen Produkte sichtbarmachen sollte, blieb dem Handel, den Fleischverarbeitungsbetrieben und auch dem Konsumenten nichts an-deres übrig, als sich auf die „Bestätigung“ des Schlacht-hofes zu verlassen, wenn sie auf AMA-Schweinefleisch bestanden. Was auch immer die AMA-Marketing vor der Einführung des Kennzeichnungssystems kontrollieren konnte, ist fraglich. Seit 2010 gibt es das AMA-Gütesiegel für Fleischerzeugnisse, das sich auf den ersten Blick als viel-versprechend darstellt. Es brachte jedoch erhebliche Nachteile für kleine Metzger, die schon jahrzehnte-lang hochwertige, regionale Produkte verarbeiten, hört man aus der Branche. Denn um die Hygienekontrolle der AMA zu bestehen, seien viele Kriterien zu erfüllen, die für die meisten Betriebe Umbauarbeiten notwendig machen würden, die man sich erst leisten können müsse. Weitere Recherchen ergaben, dass bei AMA-Gütesiegel-Fleischerzeugnissen bis vor kurzem kein AMA-Fleisch verarbeitet werden musste.
Erst seit August 2018 wurde Verarbeitungsbetrieben durch eine Richtlinie der AMA vorgeschrieben einen Min-desteinsatz von 10 Prozent an AMA-Rohstoffen einzu-setzen. Bis 31.12.2018 sollte dieser Anteil auf mindestens 50 Prozent, bis 1.9.2019 auf mindestens 75 Prozent gesteigert werden. Erst ab 1.1.2020 ist für alle Verarbei-tungsbetriebe die AMA-Gü-tesiegel-Fleischerzeugnisse herstellen ein Anteil von 100 Prozent an AMA-Rohstoffen vorgesehen. Aus dem AMA-Tätigkeitsbe-richt 2018 geht hervor, dass etwa ein Drittel der in Öster-reich geschlachteten Schwei-ne aus AMA-Gütesiegel Be-trieben stammen. Fleisch aus nicht AMA-zertifi zierten Be-trieben, unterliegt zwar seit 2015 ebenfalls der Herkunfts-kennzeichnungspfl icht, doch in den Verarbeitungsbetrieben verliert sich dessen Spur wei-terhin zwischen importiertem Fleisch. Denn die große Lü-cke in der EU Verordnung ist, dass unverpacktes Fleisch und die Lieferung an Fleisch-verarbeitungsbetriebe nach wie vor von der Kennzeich-nungspfl icht ausgenommen sind. Und so ist es 25 Jahre nach dem EU-Beitritt bittere Realität, dass österreichischer Schinken in Wahrheit keiner sein muss.